Der dreistöckige Fachwerkbau in der Rössingstraße wird in Osterwieck „Bunter Hof“ genannt. Er ist heute der Teil eines ehemaligen mehrflügeligen Gebäudekomplexes, der 1579 errichtet wurde. Erbauer war Rittmeister und stiftshalberstädter Erbmarschall Ludolf von Rössing (1534–1594). Familie von Rössing, die seit ca. 1450 im Gebiet ansässig war, besaß bis 1847 den Bunten Hof. Der Adelssitz bestand ursprünglich aus mehreren Wirtschaftsgebäuden sowie weiteren an das Hauptgebäude angrenzenden Flügeln, die mit einem Treppenturm verbunden waren. Von der ehemaligen Innenausstattung ist heute nichts mehr erhalten.
Ab 1869 fanden eine Präparandenanstalt und später eine Brauerei, Gaststätte und Wirtschaftsküche Platz im Bunten Hof. Aufgrund nicht durchgeführter Restaurierungsarbeiten musste 1952 der Nordflügel abgebrochen werden. Nach 31 Jahren Leerstand erfolgte zwischen 2011 und 2017 eine aufwändige Renovierung. Da es sich bei dem Objekt um ein hochwertiges, schützenswertes Einzeldenkmal handelt, war der Wunsch der Stadt Osterwieck, das Gebäude im Rahmen eines Modellprojektes mit dem Deutschen Fachwerkzentrum Quedlinburg e. V. in eine nachhaltige Nutzung zu führen. Die besondere Herausforderung dieses Modellprojektes bestand für das Fachwerkzentrum darin, die bislang erhalten gebliebene, besonders wertvolle historische Substanz und Ausstattung zu bewahren, zu restaurieren, energetisch zu ertüchtigen und eine verlässliche Nutzung zu definieren. Das erarbeitete Nutzungskonzept orientiert sich an den öffentlichen Belangen der Stadt und dem benachbarten Fallstein-Gymnasium. Eine Entlastung und Verbesserung der Schulsituation schaffen behindertengerechte Wohneinheiten im Bunten Hof. Die öffentlichen Belange der Stadt werden mit der Nutzung des ehemaligen „Rittersaales“ im 2. Obergeschoss als Veranstaltungs- und Schulungsraum und der Unterbringung der Leseräume der Schulbibliothek im 1. Obergeschoss integriert. Zudem ist der Bunte Hof ein Standesamt in der Einheitsgemeinde Osterwieck und wird für Trauungen zur Verfügung gestellt.
Weitere Informationen: www.osterwieck-ebe.deutsches-fachwerkzentrum.de/